In der Weimarer Republik (1919–1933) entwickelte sich der Sport zu einem populären Massenphänomen.
Verschiedene Turn- und Sportorganisationen ermöglichten Frauen aus allen Gesellschaftsschichten erstmalig die sportliche Teilhabe am öffentlichen Leben.
Während des Ersten Weltkrieges (1914–1918) hatten Frauen bereits Verantwortung im öffentlichen und Berufsleben übernommen. Auch die Verstädterung und der damit einhergehende urbane Lebensstil sowie eine liberalere Einstellung zu Körper, Moral und Sexualität führten zu einem Emanzipationsschub und einem veränderten Frauenideal: Fortan galt die „Neue Frau“, die selbstbewusst, erwerbstätig und auch sportlich war, als erstrebenswerte Form von Weiblichkeit.
In der Realität war es aufgrund der Mehrfachbelastungen durch Beruf, Haushalt und Kindererziehung jedoch nur wenigen Frauen möglich, dieses Ideal zu erreichen.
Anders als heute galten damals nur Wettkämpfe wie Handball, Fußball, Tennis, Leichtathletik, Schwimmen oder Radfahren als Sport im eigentlichen Sinn.
Die meisten Frauen und Mädchen waren in der bürgerlichen Turnbewegung oder im Arbeitersport organisiert. Mit der Gymnastikbewegung entstand eine „Frauendomäne“.
Bis zum Ende der Weimarer Republik waren 1,2 Millionen Frauen in Sport- und Turnvereinen Mitglied, wobei zwei Drittel von ihnen jünger als 21 Jahre waren. Zusätzlich boomte auch der Freizeitsportbereich, z.B. der Wandersport.
Als Teil der wachsenden Gymnastikbewegung entstanden vor allem in Leipzig erste Bewegungsschulen für Frauen, so auch die Schule von Dora Menzler.
Unabhängig vom Leistungsgedanken sollten Frauen durch Gymnastik und Tanz eine eigene Bewegungs- und Körperkultur entwickeln können, ohne dabei – im Gegensatz zum wettkampforientierten Sport – in einen Konflikt mit traditionellen Vorstellungen von Weiblichkeit zu geraten.
Die Schulen boten zugleich aber auch einen Raum, in dem Frauen sich abseits der starren gesellschaftlichen Normen neu erleben konnten.
Mit der Machtübernahme der NSDAP wurden viele positive Entwicklungen im Sport der Weimarer Republik beendet. Zwar wurden der Leibeserziehung und dem Körper in der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945) eine enorme Bedeutung beigemessen, jedoch war diese Aufwertung mit einer starken Funktionalisierung und Instrumentalisierung der Geschlechter verbunden.
In der NS-Ideologie sollten Mädchen durch den Sport primär auf die Mutterschaft und Jungen auf den Militärdienst vorbereitet werden. Sport beim Bund Deutscher Mädel (BDM) wurde unter dem Motto „Straff, aber nicht stramm – herb, aber nicht derb“ praktiziert.
Mit dem Ziel, die vermeintliche Überlegenheit des NS-Systems zu demonstrieren, förderte das Regime den Leistungssport der Frauen und stellte bei Olympia 1936 in Berlin das größte Frauen-Team, das auch zahlreiche Medaillenerfolge erzielte.
Da jedoch alle Siegerinnen bereits vor 1933 erfolgreich im Leistungssport aktiv waren, ist der olympische Erfolg kein Verdienst der NS-Sportförderung, sondern auf langjährige, stetige Leistungsfortschritte der Sportlerinnen in der Weimarer Republik zurückzuführen.
„Ich war aber so begeistert vom Bergsteigen, dass ich alles riskierte. Schlimmer war, wer uns plötzlich nicht mehr kannte, nicht mehr hinsah. Nur von meinen Bergfreunden haben viele durchgehalten. Manche hatten sogar die Courage, ins Judenhaus zu kommen.“
Bergsteigerin Ilse Frischmann (1922–2009) aus Dresden fand in den 1930er und 1940er Jahren im Klettern Zuflucht vor den zunehmenden Repressionen des NS-Regimes.
Trotz der verschärften Ausgrenzung und Verfolgung, die sie als Jüdin in dieser Zeit erlebte, bestieg sie zahlreiche anspruchsvolle Gipfel in der Sächsischen Schweiz.
1944 wurde Ilse Frischmann nach Auschwitz deportiert. Sie überlebte die extremen Bedingungen im Lager nur knapp. Nach dem Krieg kehrte sie nach Dresden zurück und nahm ihre Leidenschaft, das Klettern, wieder auf.
„Es war ein richtiger Schlag. Wir haben inoffiziell unsere Gymnastik und anderes noch weitergemacht, aber wir hatten ja keine Wettkämpfe mehr. Notgedrungen – ich wollte ja auch mit 18 Jahren nicht aufhören – ging ich in den Dresdner SC.“
Luise Krüger (1915–2001) aus Dresden hatte ihre Wurzeln im Arbeitersport und war eine herausragende sächsische Athletin im Speerwerfen. Neben ihrer Leichtathletikkarriere spielte Krüger auch Tennis, Handball, Faustball und Hockey.
Ab 1952 war sie als Sportlehrerin an der TU Dresden tätig und trainierte erfolgreiche Leichtathletinnen wie Hildrun Claus. Die in den 2010er Jahren aufkommende Forderung, ein Stadion in Dresden nach ihr zu benennen, wurde bisher nicht umgesetzt.
Sportliche Erfolge von Luise Krüger
1930: Frauenweltspiele Prag, 3. Platz
1931: Arbeiter-Olympiade Wien, 1. Platz
1936: Olympische Sommerspiele Berlin: 2. Platz
1948 und 1949: Ostzonenmeisterschaften, 1. Platz
→ Auguste Hoffmann: Frau und Leibesübungen im Wandel der Zeit. Schondorf 1965, S. 59
→ Joachim Schindler. Die jüdische Dresdner Bergsteigerin Ilse Frischmann. In: Wissenschaftliche Alpenvereinshefte, Nr. 40, München 2005, S. 212
→ Michaela Czech. Frauen und Sport im nationalsozialistischen Deutschland, Berlin 1994, S. 123
→ Fotografie aus Dora Menzlers Buch „Die Schönheit deines Körpers“, Stuttgart 1924 (© Deutsche Fotothek / Fritz Schimmer)
→ Bildreportage „Kein Sport für Frauen?“ in der Zeitschrift „die neue linie“, Nr. 1, September 1930 (Rechte vorbehalten)
→ Umschlagfoto der Zeitschrift „Das Leben“, Nr. 1, Juli 1932 (Rechte vorbehalten)
→ Collage aus der Zeitschrift „Femina“ von 1911 (Sammlung Joachim Schindler, Rechte vorbehalten)
→ Margarethe und Elsbeth Große, 1910 (Sammlung Joachim Schindler, Rechte vorbehalten)
→ Deckblatt aus Margarethe Große: Frauen auf Ballon- und Bergfahrten, 1951 (Sammlung Joachim Schindler, Rechte vorbehalten)
→ Sammelpostkarte Lina Radke (Rechte vorbehalten)
→ Fotografie aus: Festschrift zum ersten deutschen Arbeiter- Turn- und Sportfest 1922 in Leipzig. Arbeiter-Turnverlag Leipzig, 1922, S. 16 (Rechte vorbehalten)
→ Fotografie aus Dora Menzlers Buch „Die Schönheit deines Körpers“, Stuttgart 1924 (© Deutsche Fotothek / Fritz Schimmer)
→ BDM-Mädchen beim Turnen (© BArch, Bild 133-035))
→ BDM-Organisation „Glaube und Schönheit“ (© BArch, Bild 183-2013-0114-506)
→ Ilse Frischmann im Mail 1942 (Sammlung Joachim Schindler, Rechte vorbehalten)
→ Sammelpostkarte Luise Krüger zu Olympia 1936 (Rechte vorbehalten)